Endurance Material

Die Vielfalt an Ausrüstungsgegenstände im Pferdesport hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Auch das speziell für den Endurancesport entwickelte Material nimmt von Jahr zu Jahr an Farbe und Auswahl zu.

Aber ist es überhaupt nötig allen diese Modetrends zu folgen, um im Sport gut zu sein? In einem aufschlussreichen Vortrag bei der Regio Bärn, verglich Suzanne Dollinger, aus rund 2000 Fotos von den Weltmeisterschaften in Aachen 2006, verschiedene Ausrüstungsgegenstände miteinander und untersuchte, was da so getragen wurde. Vor allem die Auswertungen bezüglich Häufigkeit der getragenen Ausrüstung unter den Top 10 und den Top 20 waren sehr interessant. Gerne möchte ich hier eine kurze Zusammenfassung geben:


Gamaschen: 

Ein grosser Teil der Pferde trug Gamaschen. Dabei waren die häufigsten Getragenen aus leichtem Neopren. Die meistens gesehene Anordnung der Gamaschen                  war vorne hohe Gamaschen und hinten Streifkappen oder nur vorne hohe Gamaschen. Es kann aber nicht gesagt werden, dass Pferde, welche Gamaschen                  trugen eine bessere Durchkommensrate hatten als solche ohne, denn auch unter den Top 10 Klassierten hatte es einige, welche keine Gamaschen trugen. Es ist                  also daraus zu schliessen, dass das korrekte Gebäude des Pferdes sehr wichtiger ist, und nicht durch Gamaschen kompensiert werden kann. Die Gamaschen                  bieten sicher einen guten Schutz, v. a. auch gegen Ende eines langen Rennens wenn Reiter und Pferd müde werden.

Beschlag:

Beim Hufbeschlag war es erstaunlich wie viele verschiedene Möglichkeiten auf diesem Nieveau zu sehen waren. Da waren von keiner Kappe bis drei Kappen an den Eisen alle Varianten vertreten. Auch bei der Zehenfreiheit sah man solche mit stark zurückversetzten Zehen und solche fast ohne Zehenrichtung. Schwierig zu erruieren war der Einsatz von Stiftli. Jedoch sollten diese stark versenkt werden damit sie nicht bei jedem Schritt zu stark bremsend wirken. Die Mehrheit der  Teilnehmer trugen Sohlen wobei das Material stark differierte. Auch hier sind dem Hufschmied viele Freiheiten gegeben und es gibt nicht EINE klare Linie. Wichtig ist wiederum das korrekte Gebäude des Pferdes und dass der Beschlag dem Gang des Pferdes angepasst wird.


Schabracken: 
Hier sind keine Grenzen gesetzt. Vom Lammfell bis zur Kunststoffschabracke von einer einzelnen bis zu mehreren Schabracken war alles vertreten. Am häufigsten wurde jedoch die Fellschabracke, v. a. Kunstfellschabracken, verwendet. Diese wurden als einzige Unterlage verwendet oder in Kombination mit einem Gewichtspad. Es gilt, zu Hause soll ausprobiert werden, was dem Pferd auf langen Strecken am Besten passt.

Geschirre: 
Gemeint sind Vorgeschirr, Martingal und Schweifriemen. Vor allem vertreten waren Vorgeschirre in Kombination mit Martingal in allen Farben. Das Material war v. a. das im Distanzreitsport handelsübliche Biothane, eine Art strapazierfähiger Kunststoff. Schweifriemen waren von über 100 Gestarteten nur zwei verwendet worden. Vor allem bei den Geschirren macht sich ein gewisser Modetrend bemerkbar, indem sich Teams mit denselben Farben ausrüsten – hier kommt Farbe ins Spiel!

Sattel: 
Dieses Thema hat wohl die anwesenden Vortragsbesucher am meisten interessiert. Die Vielfalt der in Aachen verwendeten Sättel war riesig. Auch in der Art (klassisch oder westernartig) waren keine Prioritäten gesetzt. Was jedoch häufig zu sehen war, der Sattel war mit sehr wenig Pauschen besetzt und erleichtert dadurch die Bewegungsfreiheit des Reiters. Vor allem wurden die Sättel mit Kurzgurte befestigt, welche ca. von der Hälfte der Teilnehmer mit Gurtschoner überzogen waren. Schlussfolgerung bei der Sattelauswahl ist, dass dieser dem Reiter den modernen Endurancesitz ermöglichen sollte, also im Stuhlsitz mit eher nach hinten gehaltenem Oberkörper zu sitzen. Es kommt auch vielmehr darauf an WIE der Reiter auf dem Pferd sitzt und WIE er es unterstützen kann als was für einen Sattel getragen wird. Vor allem muss der Sattel dem Reiter bequem sein, damit er über Stunden ohne Beschwerden sitzen kann. Denn sobald es dem Reiter unwohl ist und er ständig seinen Sitz verändert, wird es auch dem Pferd unwohl werden. Ganz klar ist, dass auch der Sattel dem Pferd passen muss und dies sollte zu Hause auf langen Ritten ausgiebig getestet werden.

Steigbügel: 
vom normalen Steigbügel, über Sicherheitssteigbügel zum Körblisteigbügel in verschiedenen Varianten. Es muss dem Reiter während Stunden bequem sein. Dabei ist zu bemerken, dass aus Sicherheitsgründen bei Schuhwerk ohne Absatz ein Körblisteigbügel verwendet werden muss (leider war auch dies offenbar nicht obligatorisch).

Zaum und Trense: 

Hauptsächlich waren Kopfstücke in Kombination mit einem Halfter zu sehen und dies wiederum in allen Farben und aus Biothane. Wichtig ist, dass der Zaum passt und nicht um den Kopf herum schlottert. Die Trense sollte stabil im Maul liegen. Viele Nationen brachten auch mit dem Zaum Teamfarben ins Spiel.

Bei den Trensen waren fast ebenso viele verschiedene Modelle zu sehen wie bei den Sätteln. Jedoch war der Trend bei den normalen Wassertrensen (v. a. Olivenkopf und D-Trensen) und bei Hackamore. Diese zwei Zäumungen hatten auch die grösste Durchkommensrate. Auch eine grosse Palette von scharfen Gebissen (normale Springkandarre, Westernkandarre und 3 – 4-Loch Pessoa Springkandarren) waren zu sehen. Hier war auffallend, dass v. a. unter den Top 10 viele scharfe Gebisse vertreten waren, es aber auch viele Ausfälle bei Pferden gab, welche scharfe Gebisse trugen. Eine mögliche Schlussfolgerung kann hier sein: dass die Top 10 Klassierten ihre Pferde von Anfang an im Griff hatten. Jedoch gab es viele Reiter, welche scharfe Gebisse gebrauchten, weil sie ihre Pferde nicht im Griff hatten. Dieser Zustand änderte sich auch mit dem scharfen Gebiss nicht, und früher oder später resultierte die Elimination. Bei der Trense gilt, eine scharfe Trense kann die fehlende Ausbildung NICHT kompensieren, kann jedoch bei guter Ausbildung die Hilfen verfeinern!

Elektronik: 
Vertreten waren Pulsuhren und GPS, je einzeln oder in Kombination. Dabei fällt v. a. auf, dass unter den Top 10 nicht die Hälfte Elektronikgegenstände benützten. Deren Einsatz ist nicht leistungsweisend. Es ist sicher für den Reiter ein Anhaltspunkt, sollte aber keineswegs die stetige Beobachtung des Pferdes und der Strecke ersetzen.

Mähne und Schweif
Sogar über diese Details gab der Vortrag Auskunft: es erstaunt wenig, dass Pferde, welche die Mähne rasiert hatten oder in Zöpfe gebunden hatten, so dass der Hals praktisch frei war die grössere Durchkommensrate hatten, als jene, welche die lange, z. T. dicke Mähne offen liessen. Ob die „Frisur“ des Schweifes eine grosse Rolle spielt konnte anhand der Fotos zuwenig beurteilt werden.

Ausrüstung des Reiters: 
Im Grossen und Ganzen ist der Reiter bequem angezogen mit z. T. festem Schuhwerk bis über den Knöchel aber auch Turnschuhe waren häufig vertreten. Das mitzuführende Gewicht wurde praktisch nicht dem Reiter angehängt sondern wie bereits erwähnt als Pad unter dem Sattel. Die vielen Accessoirs, wie Trinkflasche, Satteltaschen, Streckenkartentasche, Schwamm, etc. verschwinden mehr und mehr. Jedoch wird von sehr vielen Reitern der Easy Boot mitgeführt, dies ist aber kein eindeutiges leistungsweisendes Merkmal, er bietet sicher eine gewisse Sicherheit für den Reiter, sollte er doch ein Eisen verlieren. Auch im Bereich Reiterbekleidung geht der Trend in Richtung Farbe ins Spiel bringen. Auf dem Markt findet man vermehrt Minichaps, Socken und Helme in den verschiedensten Farben.

Der Vortrag zeigte deutlich, dass die erste Priorität der Ausrüstung das Bequemlichkeitselement ist. Die Ausrüstung von Pferd und Reiter muss über Stunden Komfort bieten, so dass sich beide bis ins Ziel wohl fühlen. Dafür gibt es wiederum kein Rezept. Jeder Reiter muss dies für sich und sein Pferd zu Hause austesten und immer wieder anpassen.

In diesem Sinn wünsche ich allen eine bequeme Rittsaison mit viel Farbe!

Andrea Amacher